Der US-Computerhersteller Dell startet die größte Rückrufaktion seiner Geschichte. Insgesamt müssen 4,1 Mill. Laptops nachgebessert werden. Die Akkus können überhitzen und im Extremfall sogar brennen. Gebaut hat die Batterien Sony. Der Fabrikationsfehler wird die Japaner viel Geld kosten, hat Sony doch noch weitere bekannte Computerbauer beliefert.
je/bas/jkn/HB PORTLAND/TOKIO. Der Rückruf, der nach Analystenschätzungen 200 Mill. Dollar kosten wird, soll keine finanziellen Folgen für Dell haben, versicherte ein Unternehmenssprecher am Dienstag. Die Kosten würden voll von Sony übernommen. Entsprechend gelassen reagierten die Investoren. Die Dell-Aktie gewann gestern sogar fast 3 Prozent. Dagegen sackten die Sony-Papiere im Laufe des Tokioter Handels um mehr als 1 Prozent ab.
Das Batteriegeschäft, vor allem das mit Lithium-Ionen-Batterien, ist ein profitabler Wachstumssektor. Ein Sprecher von Sony erklärte, man untersuche den Umfang der Rückrufkosten. "Wir sind im Endstadium des Prüfungsprozesses", sagte er. Sony ist nach Sanyo Electric der weltweit zweitgrößte Anbieter von Lithium-Ionen-Akkus. Allerdings erreicht das Batteriegeschäft lediglich einen Anteil von 5 Prozent am Konzernumsatz. Das sind aber immerhin noch 191 Mrd. Yen, umgerechnet 1,3 Mrd. Euro.
Sony steckt mitten in der Sanierung. Erst im vergangenen Quartal ist der Konzern aus den roten Zahlen herausgekommen, in die das Unternehmen wegen einer falschen Produktstrategie gerutscht war. Sony hatte wichtige Trends in der Unterhaltungselektronik verpasst. Auch sind die Kosten zu hoch. Das Unternehmen ist gerade dabei, 10 000 Stellen abzubauen und 11 Fabriken zu schließen.
Für den japanischen Konzern kommt der Rückruf deshalb mindestens ebenso unpassend wie für Dell, zumal die Dimension gigantisch ist: Der Rückruf ist nicht nur der größte in der 22-jährigen Dell-Geschichte, sondern in der gesamten Verbraucherelektronik. Die Aktion kann sich sogar noch ausweiten und für Sony noch prekärer werden. Denn die Akkus kamen auch in Apple-Computern und bei anderen Herstellern zum Einsatz. Eine Sprecherin des Unternehmens erklärte, man untersuche den Fall und mögliche Konsequenzen. Die Nummer zwei der Computerbauer, Hewlett-Packard, gab jedoch Entwarnung. In ihren Notebooks sei der Typ nicht verbaut worden.
Laut Dell können die von Sony gelieferten Batterien bei einem Kurzschluss überhitzen und in Rauch und Flammen aufgehen. Obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür "äußerst gering" sei, habe sich das Unternehmen entschlossen, alle betroffenen Geräte, die zwischen dem 1. April 2004 und dem 18. Juli 2006 ausgeliefert wurden, zurückzurufen. Wie viele Geräte in Deutschland betroffen sind, ist nach Angaben eines Dell-Sprechers noch unklar. Bereits seit längerem wird etwa in Internet-Foren über Probleme mit heißgelaufenen Laptop-Akkus berichtet. Im Internet kursieren sogar Bilder von brennenden Dell-Geräten.
Der Rückruf trifft Dell zu einer äußert ungünstigen Zeit. Das erfolgsverwöhnte Unternehmen, das mit seinem kostengünstigen Geschäftsmodell des Direktverkaufs zum größten PC-Hersteller der Welt avancierte, trifft seit mehreren Quartalen die eigenen Ergebnisprognosen nicht mehr. Branchenbeobachter stellen mittlerweile das gesamte Geschäftsmodell des Direktvertriebs ohne Händler in Frage.
In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Dell-Kurs an der Wall Street fast halbiert, während die Notierung von Hewlett-Packard, Dells schärfstem Konkurrenten, 37 Prozent zugelegt hat. Nach Einschätzungen von Insidern wackelt deshalb auch der Stuhl von Konzernchef Kevin Rollins.
Zudem hat Dell Imageprobleme. So werden immer wieder Klagen über den angeblich schlechten Service laut. Der Konzern startete deshalb erst vor kurzem eine Qualitäts- und Image-Offensive - offensichtlich mit Erfolg. So hat sich die Zufriedenheit der Kunden nach Erhebungen der University of Michigan von einem Sieben-Jahres-Tief wieder erholt. Der jüngste Rückruf dürfte Dell dabei wieder zurückwerfen.
"Kurzfristig wird der Rückruf dem Image in einigen Käufer-Segmenten sicherlich schaden", sagt Meike Escherich, Analystin beim Marktforscher Gartner. Grundsätzlich habe der Markt allerdings ein kurzes Gedächtnis für solche Vorfälle. Tatsächlich steht Dell bei den Akku-Problemen nicht alleine da. Auch Hewlett-Packard, Apple, Maxdata und Fujitsu-Siemens mussten im vergangenen Jahr die Batterien tauschen.
Der Dell-Rückruf im Detail
Was passieren kann: Wegen eines Fabrikationsfehlers kann sich die Batteriezelle des Akkus so stark erhitzen, dass es zu einem Brand kommt. Die Folge: Der ganze Rechner kann Feuer fangen.
Wer betroffen ist: Fast jeder fünfte Dell-Laptop der Baureihen Latitude, Inspiron, XPS und Precision, die zwischen April 2004 und Juli 2006 verkauft wurde, ist mit fehlerhaften Akkus ausgestattet. Auch im Zuge einer Wartung ein Akku mit Sony-Batteriezellen eingebaut worden sein.
Wer hilft: Auf der Internetseite
http://www.dellbatteryprogram.com können die Kunden anhand der ID-Nummer des Akkus prüfen, ob sie diesen tauschen müssen. Ersatz gibt es über ein Online Formular