Nachdem ich in der Firma mal wieder ein Werbevideo für unseren Messeauftritt nächstes Jahr vorbereiten muss, und das Programm Video Deluxe von Magix nicht ausreicht, um die entsprechenden Animationen zu erstellen, habe ich mich nun doch mal durchgerungen und mich in das Programm
Blender eingearbeitet. Blender ist ein 3D-Animationssystem, vergleichbar mit Cinema 4D oder Maya. Nur kosten diese Programme mehrere Tausend Euro und Blender ist komplett kostenlos. Und was mir natürlich mal wieder besonders gut gefällt: Blender ist für Windows, Linux, Mac OS X, Solaris, Irix und sogar FreeBSD verfügbar.
Und was mit Blender geht, das ist unfassbar. Wer das mal sehen will, kann sich einen der kostenlosen Filme anschauen, die damit gemacht wurden, zum Beispiel
Elephant's Dream,
Big Buck Bunny oder
Sintel. Mit Blender wurden auch schon Special Effects für professionelle Kinofilme erstellt.
Ja, die Einarbeitung ist etwas mühselig, aber nur, weil das Programm so viel kann. Ich empfehle, die Video-Tutorials durchzuarbeiten, die es gibt, z.B. den
Blender Beginners Course oder die Tutorials auf
blendercookie.com. Wenn man das macht, wird auf einmal alles recht logisch und man erkennt das Prinzip, was dahinter steckt. Und dann ist es auf einmal gar nicht mehr schwer. Und wie gesagt, das Programm ist genial. Man sollte nicht glauben, dass es so ein professionell anmutendes Programm mit diesem Funktionsumfang einfach so für lau gibt.
Noch ein weiterer Tipp: nicht mehr die Version 2.49 herunterladen, auch wenn diese nach wie vor als letzte Stable-Version angegeben wird, sondern gleich die Beta V2.55 (oder neuer, die 2.56 sollte noch dieses Jahr erscheinen). Denn seit 2.50 ist die Oberfläche komplett überarbeitet. Da lohnt es sich nicht mehr, sich in die alte Oberfläche von 2.49 einzuarbeiten. Die neue Oberfläche ist viel, viel besser und durchaus schon stabil.
Wer also mal 3D-Animationen machen muss, ist bei Blender genau richtig! Vielleicht noch ein paar Highlights:
- Genialer Eingabeeditor zum 3D-Modeling
- Bedienoberfläche komplett in OpenGL implementiert, beliebig skalierbare Buttons und Windows
- Integrierter Raytracer, aber auch Export zu vielen anderen Raytracern möglich, z.B. PovRay, LuxRender, Renderman, etc.
- Materialien beliebig erstellbar
- Texturen beliebig kombinierbar
- Die Oberfläche von Objekten kann "abgerollt" und mit einer Textur versehen werden
- Physiksimulation integriert (Kollisionen, etc.)
- Stoffsimulation
- Partikelsystem, z.B. für Explosionen, Gras, Laubblätter, Rauch, Leuchteffekte
- Simulation für Haare und Fell
- Simulation von Flüssigkeiten
- Verformbare Körper
- Animationsbewegungen mit Keyframes, Animationskurven (linear, Bezier) und Drivers, *jeder* Parameter des Programms kann animiert werden
- Posing-Mode: Figuren können animiert werden (z.B. Hand der Figur anheben, dann folgt Unterarm, Oberarm, Schulter automatisch); allgemein: es können Umfangreiche Bewegungs-Constraints eingegeben werden
- Videosequenzeditor
- Gigantische Bildnachbearbeitungsmöglichkeiten über den Node-Editor (z.B. für Glüh-Effekte, Farbkorrektur, Overlays, etc.)
- Raytracer nutzt beim Rendern alle CPU-Cores parallel; auch Netzwerk-Rendern ist möglich, also das Verteilen der Berechnung auf mehrere Rechner
Und das geht wirklich ganz einfach. Mal ein Beispiel: Man fügt eine Kugel in die Szene ein und sagt zu ihr, das sie bei Kollisionen beachtet werden soll. Dann fügt man eine waagrechte Ebene darüber ein. Diese zerteilt man etwas (subdivide) und sagt dann zu ihr, dass sie ein Stoff ist, z.B. Seide, Baumwolle oder Leder. Dann startet man die Animation und der Stoff fällt herunter, wickelt sich automatisch um die Kugel und rutscht am Ende seitlich herunter. Und das mit einer Darstellung der Falten und mit einem Realismus, dass es schon fast weh tut, wie einfach das geht. Irre!
Hier kann man sich das mal konkret anschauen.
Nur: sobald man hier ein bisschen in die Simulationen geht (Haare, Stoff, Partikel), wünscht man sich sehr schnell einen richtig flotten Rechner. Und je komplexer die Szene, desto länger dauert natürlich auch das Rendern der Bilder. Da braucht der Rechner dann gerne mal über Nacht, um eine Sequenz von wenigen Hundert Bildern zu berechnen -- bei Partikeln gar von wenigen einzelnen Bildern.
Also ich bin einfach völlig begeistert von dem Programm und seinen Möglichkeiten.
Gruß,
Hagge